Wie ein Tippfehler Pepsi 32 Mrd. Dollar und 5 Menschen das Leben kostete
Eine Geschichte über ein verpatztes Versprechen und seine Folgen
Stell dir vor es ist 1992 und du arbeitest Tag für Tag in den heißen Straßen Manilas, um mit deinem mickrigen Gehalt deine Familie zu versorgen. Es ist heiß und du genießt einen Schluck eiskalte Pepsi, obwohl du sie dir eigentlich gar nicht leisten kannst. Hoffnungsvoll prüfst du die Nummer auf dem Deckel, und verwahrst ihn anschließend sicher in deiner Hosentasche.
Zu Hause hast du schon eine ganze Sammlung dieser Deckel angelegt, denn in Kürze werden die Gewinner dieser Werbeaktion im Fernsehen verkündet.
Es geht um den Gewinn von 1 Million Peseten, umgerechnet etwa 40.000 Dollar, die reichen würden um euer gesamtes Leben zu verändern. In einer Welt, in der du nur ein paar Dollar pro Tag verdienen kannst, egal welchen Job du anträtest, würde das für ein Haus, einen Umzug und ein bequemes Leben reichen.
Einige Wochen später sitzt ihr alle gemeinsam vor dem Fernseher und wartet die Ergebnisse der Ziehung ab — Du traust deinen Augen kaum, denn DU hast tatsächlich gewonnen! Für einen Moment wird dir schlecht bevor du mit deiner Frau und deinen Kindern in den Armen liegst, und ihr eure Freudenschreie nicht länger unterdrücken könnt. Das Geld wirst du jedoch nie sehen, und viele weitere Familien die sich heute Abend so unendlich gefreut haben, auch nicht. Aber wenigstens wirst du nicht dein Leben verlieren, wie manch andere.
Alles begann ziemlich genau ein Jahr zuvor.
Pepsi hatte es auf den philippinischen Markt abgesehen, auf dem sie neben dem erfolgreichen Riesen Coca-Cola keinen Blumentopf gewinnen konnten. Mit einer rasant wachsenden Einwohnerzahl von über 62 Millionen Menschen handelte es sich hierbei um den 12. größten Markt für Erfrischungsgetränke und Pepsi hat sich fest vorgenommen, diesen Markt für sich zu gewinnen.
Die Wirtschaft war schwach, und viele Leute hatten große Probleme mit ihren Jobs über die Runden zu kommen. Zig Millionen Menschen arbeiteten auf Reisfeldern oder gingen anderen körperlich fordernden Jobs nach, die obendrein sehr schlecht bezahlt wurden.
Um diesen Markt für sich zu gewinnen, beschloss Pepsi’s Führungsetage eine Werbekampagne durchzuführen, die saftige Gewinne versprach. Jeder Pepsi Deckel sollte auf der Innenseite mit einer Nummer bedruckt sein, die anschließend im Rahmen einer großen Bekanntgabe zwei große Gewinner von jeweils 40.000 Dollar, und einige kleinere Gewinne versprach.
Ein riesiges Problem
Pepsi hoffte, das diese Kampagne viele der einkommensschwachen Cola-Fans umkrempeln könnte, und planten mit dieser strategischen Marketingmaßnahme insgesamt 2 Millionen Dollar in Preisgeldern zu vergeben.
Eine Computerpanne führte dann jedoch zum Supergau: Insgesamt 800.000 Flaschendeckel, wurden mit der Nummer “349”, bedruckt.
“349”” war die Nummer des Hauptgewinns von 40.000 Dollar.
Pepsi hatte seinen Zulieferern ausdrücklich verboten diese Nummer überhaupt zu drucken. Die beiden Flaschen mit der Nummer “349” sollten speziell hergestellt und direkt von Pepsi auf die Philippinen geschickt werden.
In der Zwischenzeit wird ihre Kampagne ein voller Erfolg. Der Marktanteil von Pepsi wächst innerhalb von nur zwei Monaten von 4 % auf 24,9 % und all das ohne zu Wissen, dass sie in der Zwischenzeit Flaschen im Wert von 32 Mrd. Dollar Preisgeld auf die Philippinen geschickt haben.
Und dann ist es so weit: Der große Tag der Gewinnziehung ist gekommen, und alle Filipinos sitzen gebannt vor ihren Fernsehern. Als Pepsi die Zahl “349” für den Hauptgewinn live im Fernsehen ankündigt, liegen sich auf den ganzen Philippinen die Menschen in den Armen. Sie alle hatten genug Geld gewonnen um sich ein großes Haus zu kaufen.
Das ist der Moment als Pepsi feststellt, das sie einen riesigen Fehler gemacht haben. Als weltweit agierendes Multi-Milliarden-Dollar Unternehmen haben sie armen Leuten ein riesiges Geldversprechen gemacht, nur um jetzt den Schwanz einzuziehen und alles auf einen Computerfehler zu schieben. Sie wussten, dass es einem Reisbauern nicht gefallen würde, jetzt völlig leer auszugehen. Also machten sie jedem Gewinner das Angebot 18 Dollar als Trost auszuzahlen. Damit würde sich die Gesamtsumme der Auszahlungen auf 8,7 Millionen Dollar belaufen, gegenüber einem ursprünglich geplanten Budget von 2 Millionen Dollar. Die Gewinner waren nicht begeistert.
Es bildeten sich Verbraucherschutzgruppen, und in ganz Manila begannen wilde Proteste vor Regierungsgebäuden und der Pepsi Niederlassung.
Dann schlagen die Proteste in gewalttätige Auseinandersetzungen um. Dabei werden mehr als 30 Pepsi-Lastwagen mit Brandbomben angegriffen.
Und ab dann wird alles nur noch schlimmer. Die Polizei wird eingeschaltet und Randalierer beginnen, auch mit der Staatsgewalt zu kämpfen und bewerfen die Polizei mit Steinen.
Die Polizei versucht die Demonstranten mit Tränengas in Zaum zu halten. Und dann wirft ein Demonstrant eine scharfe Granate, die von einem Pepsi-Lastwagen abprallt und versehentlich eine Frau und ein 5-jähriges Mädchen tötet.
Die Kämpfe zwischen den Demonstranten und der Polizei werden noch den ganzen Tag andauern. Die Bilanz der Unruhen sind 5 Tote und Dutzende Verletzte. Und das alles wegen einer schief gelaufenen Marketingaktion.
Nach all dem sah sich Pepsi mit Tausenden von Gerichtsklagen konfrontiert, die sie in den folgenden Jahren abarbeiten musste. Es gab einen langwierigen Prozess, und die philippinischen Handelsgerichte entschieden schließlich, dass Pepsis Fehler nicht böswillig war und sie kein Verbrechen begangen hatte.
Letztlich beliefen sich Pepsi’s Gesamtverluste auf mehr als 20 Milliarden Dollar. Ihr Marktanteil stürzte ab und es dauerte Jahre bis er sich wieder erholt hatte.
Dieser Fall ging als der “349 Incident” in der Geschichte ein, und unglaublicherweise ist Pepsi nur einen Monat zuvor der gleiche Fehler in Chile passiert.
Pepsi bekam ihren Marktanteil über viele Jahre hinweg zurück, während ihre Gewinner leer ausgingen — Ihre Prozesse wurden “überdacht”, und zu einer dritten Panne ist es glücklicherweise nie gekommen.